21 Dezember 2005

9 Tage Sendepause

sind hiermit vorüber.

Fehlt bloss noch ein spannendes Thema.

Wie wär's mit Schadenfreude? Ein Klassiker.

Ich könnt mich zum Beispiel scheckig darüber freuen, dass die Mannesmann-Abwickler nun doch noch mal vor Gericht kommen. Reiner Neid, natürlich. Wenn ich ein paar Millionen dafür kriegen würde, dass ich meinen Job nicht anständig mache, würd' ich mich wahrscheinlich auch nicht gross wehren.

Jetzt werden Klaus und seine Mit-Esser (Namenswitze gehören sich nicht, weiss ich) (Kalauer auch nicht, weiss ich auch) vielleicht doch noch ihrer gerechten Strafe zugeführt. Ein paar Millionen Stunden gemeinnützigen Dienst fände ich nicht schlecht. Wahlweise als Erntehelfer oder Arbeitsvermittler.

Aber genug der Gehässigkeiten. Ist ja schließlich bald Weihnachten.

Was lernen wir aus der Causa Esser? Es wird einem nichts geschenkt.

Also ab in die offene Psychiatrie Fußgängerzone, einkaufen für die Lieben.

12 Dezember 2005

Der beste Platz ...


... ist immer an der Theke? Nicht in überfüllten Bussen und Bahnen.

Da ist der beste (Steh-)Platz eindeutig ca. einen Schritt hinter dem Einstieg.

Denn genau da bleiben die meisten Zusteigenden stehen und schlagen Wurzeln. Auch (oder: gerade?) wenn vor ihnen noch ein meterlanger, freier Mittelgang mit reichhaltigen Festhaltemöglichkeiten lockt. Auch (oder: gerade?) wenn sich hinter ihnen eine Traube Einstiegswilliger rebellierend auf dem Bürgersteig staut.

Sie bleiben. Obwohl das der zugigste, unbequemste Platz im ganzen Bus ist. Obwohl sie sich damit den Unmut sämtlicher Mitreisenden zuziehen.

Ganz klar: dieser dreckige Viertel-Quadratmeter Kunststoffboden ist ein magischer Ort, ein spirituelles Kraftzentrum. Stonehenge auf Rädern. Die kleine kosmische Andacht zwischendurch, eine Leistung Ihres Nahverkehrsverbundes.

Leider sind solche Entgrenzungs-Erfahrungen auf der Busschwelle meist von kurzer Dauer.

Wie soll man auch befriedigend mit dem All verschmelzen, während einem pudelmützige Grundschüler unter den Achseln hindurch wuseln und ein rüstiger Rentner kaum zwei Zentimeter vor dem eigenen, entrückt lächelnden Gesicht herrisch "Durrrrrchrrrrrücken!" bellt.

06 Dezember 2005

Abbitte

Vor einiger Zeit hatte ich hier öffentlich über Finanzbeamte gelästert.

Dafür entschuldige ich mich hiermit ebenso öffentlich.

Warum?

Weil ich heute morgen eine Frage zu meinem Einkommenssteuerbescheid (mit oder ohne Genitiv-s?) hatte:

Ich rief das örtliche Finanzamt an.
Die Leitung war frei.
Ein Mann nahm das Gespräch entgegen.
Er hörte sich meine Frage an und verband mich weiter an den zuständigen Sachbearbeiter.
Der Sachbearbeiter existierte wirklich und war tatsächlich zuständig.
Er beantwortete meine Frage.
Umfassend, korrekt und höflich.
Beglückt und gerührt legte ich auf.

Und sag' jetzt bitte keiner, das sei die übliche weichgespülte Advents-Emo.

Lassie und Fury

könnten doch mal zusammen in einer Serie auftreten, Peter Alexander und Anneliese Rothenberger hätten das schließlich auch schon gemacht.

Schöner Vorschlag, irgendwann in den 80ern im "Scheibenwischer" live am Harmonium vorgetragen von Hanns Dieter Hüsch.

Leider haben die Programmverantwortlichen nicht auf ihn gehört. Und nun ist er tot.

Liebe Intendanten: für zwischen den Jahren wünsche ich mir hiermit umfangreiche "Best of"-Sendungen über Hanns Dieter Hüsch und Dieter Hildebrandt (auch wenn letzterer hoffentlich noch lange lebt). Vielleicht könnt ihr dafür auf einen eurer zehntausend Jahresrückblicke verzichten?

Danke.

30 November 2005

Der Schnuzzelmantel

So hiess bei uns ein schwarzer, nicht ganz knielanger Mantel mit schwarzen Lederknöpfen, den mein Vater Ende der 70er trug.

"Schnuzzel", weil er aus einem Stoff bestand, den ich sonst nie mehr irgendwo gesehen haben. Wahrscheinlich irgendeine hoch toxische Kunstfaser. Jedenfalls liess das Ding seinen Träger aus der Entfernung aussehen wie einen knuffeligen Schwarzbären. Und aus der Nähe war er wirklich "schnuzzelig".

Und genau so einen trägt der traurige Rentner, der gelegentlich an der Haltestelle vorm Altersheim sitzt, gleich neben unserer Agentur. Mit seiner riesigen, starken Brille guckt er so verträumt aus dem gläsernen Wartehäuschen wie der Wickelbär im Nachttierhaus und erinnert mich an meinen Vater.

Dabei sieht er ihm sonst gar nicht ähnlich.

23 November 2005

Für hinter die Ohren ...

aller, die meinen, ihrem Mitteilungsbedürfnis in schriftlicher, verschärften Falls sogar schriftlich-öffentlicher Form nachkommen zu müssen: die goldenen Regeln des Papierstils.

via Sprachblog, mit der dringlichen Bitte um peinlichste Befolgung derselben.

21 November 2005

Mogel-Zuckerle

Praktisch sind sie ja, diese neumodischen Zuckertütchen, die man neuerdings überall zum "Latte" gereicht bekommt (Cappuccino ist ja sowas von out). Aber was da auf der Rückseite steht, fuchst mich schon eine ganze Weile:
44% weniger Papier als herkömmliche Verpackung

Glaub' ich nicht. Also schnell mal gemessen und gerechnet.

Das Zuckertütchen kommt auf L10,8 x B1,8 = 19,44 qcm x 2 Seiten= 38,88 qcm Zuckertüte.

Der gute alte Zuckerwürfel im Doppelpack ist ein bisschen komplizierter:

Ober- und Unterseite je 3,3 x 1,6 = 5,28 qcm, macht zusammen 10,56 qcm
Vorder- und Rückseite je 1,6 x 1,1 = 1,76, zusammen 3,52 qcm
Linke und rechte Seite je 3,3 x 1,1 = 3,63, zusammen 7,26 qcm

Macht unter dem Strich: 21, 34 qcm.

Ich wusste es! Ihr Schummler!

18 November 2005

Wer hat's gesagt?

If you talk to God, that's a prayer.
If God talks back to you, that's schizophrenia.


Und das von einem katholischen Erzbischof.

Gemeint war übrigens die Präsidentin der Philippinen, Gloria Macapagal Arroyo, die sich in Regierungsdingen nach eigenen Angaben gern persönlich Rat vom Allerhöchsten einflüstern lässt.



via Time Magazine

16 November 2005

Wer kann, der kann

In Amerika gibt's seit Anbeginn des Internet eine Behörde Unternehmen, das sämtliche Serveradressen verwaltet, die "Internet Corporation For Assigned Names and Numbers", kurz ICANN. (sprich: ei kän)

Dazu soll es jetzt, aus demokratisch-paritätischen Gründen, ein internationales Beratergremium geben.

Ich hätte da auch schon einen passenden Namensvorschlag: das European Council with Absolutely No Teeth, EuCANT (ju kahnt).

Wo kann ich mich bewerben?

15 November 2005

Habemus iPod

Apple hat keine Kunden. Apple hat Jünger.
Der Preis für den Kruzi-Fix ist allerdings mit 12 Dollar 95 noch deutlich zu niedrig für das appletypische Ablass- und Erlösungs-Feeling.

via Adrants

11 November 2005

Hygiene im ÖPNV

An meine lieben Fahrgäste!
Dieser Bus ist mein Werkzeug.
Ich halte ihn für Sie sauber.
Bitte helfen Sie mir dabei.
Ihr Busfahrer Egon.

Dieses rührende Schild hängt in zweifacher Ausfertigung in einem Bus der Linie, die ich fast täglich benutze. Und zwar im saubersten Bus des ganzen Rhein-Main-Verkehrsverbundes.

Trotzdem bewege ich mich nur noch mit Unbehagen per ÖPNV (für euch Autofahrer: das ist der öffentliche Personen-Nahverkehr). Denn die Rotznasenzeit hat wieder begonnen, und nirgendwo schwärmen die Erreger so dicht wie in der S-Bahn. Wo würde man sich auch sonst freiwillig in einen Raum zwängen lassen dicht an dicht mit wildfremden Menschen, von denen mindestens ein Drittel an exotischen Infektionen leidet?

Ein Schneuzen hier, ein Räuspern dort, dann der erste Hustenanfall. Und während mein Nachbar zur Linken geräuschvoll seinen Rotz hochzieht, würgt zur Rechten ein Todgeweihter mittleren Alters eitrigen Auswurf in sein Taschentuch. Und wer hat wieder mal seine vorbeugende Echinazin-Kur verbaselt? Ich.

Entschuldigt mich, ich muss zur Apotheke. Mein Immunsystem aufrüsten.

Der lustige Grippe-Selbsttest stammt übrigens von Grippeinfo.

07 November 2005

02 November 2005

Mut ist ...


die eigene Wurzelbehandlung live am Monitor des OP-Mikroskops zu verfolgen.

Jaaaaa! Gebt mir mehr!

Und nächstes Mal lass' ich den iPod zu Hause und geb' mir auch noch den Soundtrack dazu!


Vorher sollte ich mich noch ein bisschen bei meinem Zahndoktor einschleimen.
Vielleicht mit einem Link

31 Oktober 2005

Schlangenverkehrsordnung

Doch, das gibt es. Und ich rede hier nicht von geregeltem Reptilien-Sex.

Ich rede vom Anstehen. Zum Beispiel an Kassen. Zum Beispiel in Tankstellen. Zum Beispiel, weil gerade Sonntag ist, man schnell noch ein Sixpack besorgen muss und eben jene Kasse gerade von sonntäglichen Autowäschern belagert wird.

Zwei Plätze hinter mir steht der Mann, dessen Wagen mir die Ausfahrt aus der Tanke versperrt. "Also", denke ich, "tu' ich ihm und mir was Gutes und lasse ihn vor." Und genau das sage ich ihm auch:

"Kommen Sie, ich lasse Sie vor, an Ihrem Wagen komme ich sowieso nicht vorbei"


Keine Reaktion.

Stattdessen meldet sich der Mann auf Platz 1 hinter mir:

"Da müssen Sie mich aber zuerst vor lassen. Ich komme ja nach Ihnen."


Wo er Recht hat, hat er Recht.

Warum lernt man das eigentlich nicht in der Fahrschule? Als Teil der theoretischen Prüfung: eine lustige Zeichnung von einer Warteschlange, durchnummerierte Kunden und dann: "In welcher Reihenfolge darf gezahlt werden?"

In unserem Beispiel kam ich übrigens als vierter an die Reihe. Denn natürlich habe ich die beiden vorgelassen.

Und als ich dann dran war, hat sich noch ein Jungdynamiker mit einem Päckchen Kaugummi vorgedrängelt.

"Ich hab's passend."

28 Oktober 2005

Wallace & Gromit

Gestern abend also endlich der Fluch des Riesenkaninchens.

Und?

Trägt der kurzfilmerprobte Zauber von W&G über einen abendfüllenden Film?

Ja.

Ja, JA, JAAAAAA. Und wie.

Alles weitere bei Anke Gröner, der ich nur heftig beipflichten kann.

27 Oktober 2005

Wer hat's erfunden?


Natürlich die Schweizer: bei Werbeglogger und Zorno lese ich, dass es jetzt Schokolade in Käseform gibt. Brrrrfuuäääägggghhhllll.

Mama Mooo heisst die Köstlichkeit, und ich kenne eine nette Kuh, der wahrscheinlich gerade die Milch im Euter sauer wird, weil unter ihrem gekidnappten und verballhornten Namen jetzt z.B. folgender Tiefsinn veröffentlicht wird (sorry, das muss jetzt sein):

MAMA MOOO und die Ewigkeit (Auszug)

… Und wieder war es ein lauer Sommerabend, hoch oben im Lande der MAMA MOOO. Alle Tiere hatten sich auf MAMA MOOOS Lieblingswiese versammelt und genossen die letzten wärmenden Strahlen der Sonne, während sie munter miteinander plauderten. Da liess sich ein junger Bergfink vernehmen, der einige Zeit in die Ferne gestarrt hatte: «Oh, ehrwürdige MAMA MOOO, da gibt es etwas, das ich nicht verstehe. Was versteht man unter dem Begriff Ewigkeit?» …


Aaaaahhhh ... schön, wenn der Schmerz dann langsam wieder nachlässt.

Bitte, ehrwürdige Mama Mooo, sage mir, dass ich auf eine fiese Parodie reingefallen bin.

26 Oktober 2005

Akronymer Lichtblick

Immerhin weiss ich jetzt, wie Winterdepression auf Fachchinesisch heisst: Seasonal Affected Disorder (saisonabhängige Depression), kurz S.A.D. SAD. Danke, liebe Krankheitsnamenserfinder, that's a lot of help. Als wäre man mit der Depri selbst nicht schon sad genug. Ich komme darauf zurück, falls ich mal eine Partei gründe.

Bis dahin werden sprechende Akronyme gesammelt, zur Abschreckung.

Mal sehen, ob sich zum Beispiel die Dreistigkeit der deutschen Finanzverwaltung nicht noch toppen lässt. Die haben ihre Software zum Geldeinsammeln doch tatsächlich ELSTER genannt. Soll nochmal einer sagen, Beamte hätten keinen Humor.

Fröhöliche Weihnacht' ...

Die Warnzeichen waren ja nicht zu übersehen, und jetzt hat's mich tatsächlich voll erwischt. Winterdepression. Gedanken so finster wie dieser sonnenlose Spätoktobermorgen. Aber es gibt ja das Internet: Trost und Rat in allen Dingen.

Und was muss ich da lesen: Winterdepri ist oft eine Folge von Lichtmangel, also empfiehlt eine fachkundige Seite:

"Halten Sie sich tagsüber möglichst in der Nähe von Fenstern auf."


Seid ihr wahnsinnig? Ich arbeite im fünften Stock! Und die Fenster lassen sich durchaus öffnen.

Ach ja: für alle, die ganz genau wissen wollen, WIE scheisse es ihnen geht, gibt es die Hamilton-Skala. Je höher dein Score, desto tiefer dein Schlamassel.

24 Oktober 2005

So oder so


Was mach ich daheim und zu Hause?

Pride and Prejudice

Jane Austen im Kino, das duftet nach Opulenz: üppige Ausstattung, blumige Sprache, große Gefühle. Wie kommt's, dass "Pride and Prejudice" das alles bietet - und trotzdem so ein schlechter Film ist?

Bei meiner persönlichen Buhmann-Suche bin ich beim Drehbuch und der Regie (Joe Wright) gelandet. Vor allem bei der Regie. Denn die Schauspieler sind alle richtig gut. Wirklich alle. Aber der Rhythmus stimmt nicht, die Einstellungen sind immer irgendwie schlecht getimt, zu nah dran, zu weit weg, zu was auch immer. Beispiele? Oje, wo fang' ich an?

In den Ballszenen gönnt uns Joe Wright kaum mal ein bisschen Überblick. Es geht immer gleich rein ins Gewimmel, minutenlang. Vielleicht soll das authentische Atmosphäre vermitteln. Tut's aber nicht. Es nervt nur.
Oder die Super-Close-ups von Elizabeths' Augen. WAY TOO MUCH.

Manchmal scheint Joe auch Angst zu haben, dass dem Publikum psychologische Feinheiten in der Charakterzeichnung entgehen könnten. Dann packt er sicherheitshalber den Holzhammer aus. Da verschwindet dann plötzlich - schwupp - das ganze Getümmel von der Tanzfläche, und wir sehen Elizabeth und Darcy mutterseelenallein miteinander tanzen - und schwupp - sind sie doch wieder mitten im drängeligen Ballsaal. Denn - na, Müller, wissen Sie's? - richtig: die beiden hatten einen magischen Augenblick lang nur Augen füreinander. Leider durften Keira Knightley und Matthew MacFadyen das nicht spielen, weil Mr. Wright so einen tollen Regie-Einfall hatte.

Bevor ich mich völlig in Rage tippe, Judi Dench und Donald Sutherland sind ja auch noch mit von der Partie. Und die sind natürlich wie immer wunderbar. Von denen kriege ich nie genug. Joe Wright scheinbar auch nicht, denn er schenkt Donald das Happy End. Mal was anderes. Liegen sich am Ende eben Vater und Tochter tränenfeucht in den Armen. Und der arme Lover wartet derweil draussen. Aber vielleicht ist das ja einfach nur werktreu. Ich habe das Buch nie gelesen.

20 Oktober 2005

The Brothers Grimm


Für uns Hanauer gehören die Grimms ja quasi zur Verwandschaft. Wenn da einer einen Film drüber macht, noch dazu Terry Gilliam, muss man natürlich rein, keine Frage.

Und wie war's?

Soso lala, um's kurz zu machen.

Oder ein bisschen ausführlicher: viele schöne Ideen, aber irgendwie fährt das Ganze mit angezogener Handbremse.

Alles fängt schön absurd und respektlos an, und dann verheddert sich der Film im verwunschenen Wald: zuviele wandernde Bäume, Schlingpflanzen, Krabbelviecher, böse Flüche und alles sieht irgendwie cheesy aus. Gewollt und nicht gekonnt. Dabei kann er doch, wenn er will, der Terry. Vor allem retro.

Sein böser Wolf zum Beispiel ist grosse Klasse. Wenn der sich verwandelt, hört man Ray Harryhausen förmlich aus den Kulissen kichern.

Und die Sets natürlich: super. Da freut sich der Art Director.

Ein Kommentator auf der IMDB meint, Gilliam hätte seinen Film nicht mit der gewohnten Zähigkeit gegen die Ansprüche von Studio und Produzent verteidigt, weil er mit Kopf und Herz schon beim nächste Filmprojekt war. Deshalb sei "The Grimm Brothers" sein bisher "kommerziellster" Film geworden.

Hoffen wir also, dass er sich bei "Tideland" wieder richtig reinhängt.

P.S. Erotik-Faktor Null. Dafür ist Heather Ledger hier definitiv zu verzauselt. Und Monica Belluci eindeutig zu gruselig. Aber das war wohl auch nicht Sinn der Übung.

19 Oktober 2005

Geh, schöpfe!

Ich habe mir wirklich lange (zwei Tage) überlegt, ob ich was über "Intelligent Design" schreiben soll. Wozu auch? Machen ja alle anderen. Zum Beispiel Steve Jones in der "Zeit":

Nach einer aktuellen Meinungsumfrage glaubt mehr als die Hälfte der Amerikaner (und zwei Drittel der Wähler, die für George W. Bush gestimmt haben), dass »Gott den Menschen in seiner heutigen Gestalt irgendwann in den vergangenen zehntausend Jahren erschuf«.

Der amerikanische Präsident, ein Höhlenmensch? Wär' ich nie drauf gekommen.

Höchste Zeit, wenigstens die eigenen Gedanken mal zu ordnen. Also der Reihe nach. Was bisher geschah, in Kürze:

In Amerika (nicht nur, aber hauptsächlich) gibt es eine Menge Leute, die lieber glauben als wissen. Unter dem Namen Kreationisten versuchen sie, den christlichen Schöpfungsmythos als einzig wahren durchzusetzen. Und weil sich das schlecht mit dem Kenntnisstand der Evolutionsforschung verträgt, wollen sie die Evolution eben wieder abschaffen. An dieser glasklaren Logik hätte Douglas Adams seine helle Freude gehabt. Ich sage nur "Krikkit".

Zur grossen Überraschung und Enttäuschung der Kreationisten hat dieser Plan nicht funktioniert. Nicht mal in Amerika.

Jetzt haben sie Gott umgetauft. Der Schöpfer heisst jetzt Designer. Und der Schöpfungsmythos folglich "Intelligent Design". Raider heisst jetzt also Twix. Und soll demnächst den offiziellen Lehrplan von Kansas aufgenommen werden. Warum?

»Wenn Sie mich fragen, ob die Menschen mit den verschiedenen Ideen konfrontiert werden müssen, lautet die Antwort: Ja. Nur so können sie verstehen, worum es in der Debatte geht.« George W. Bush.


Willkommen in der Steinzeit.

17 Oktober 2005

Die Tassen-Theorie, Teil 14: SETI Projekt

Ob es Leben gibt in anderen Teeküchen, fragte ich mich und startete einen ersten kurzen Rundgang durch unser grosses, teeküchenreiches Haus.

Die Ausbeute war erstaunlich. Scheinbar sind überall verdeckte Verhaltensforscher und Manipulatoren am Werk.


Hier zur Erinnerung noch einmal mein eigenes, in umfangreichen Studien optimiertes Werk (1).




Daneben nehmen sich die Versuche der Geschäftsleitung (2) eher freundlich-bieder aus.





Und obwohl sie im Haus oft kopiert werden, lässt der Erfolg doch oft zu Wünschen übrig (3).





Erfrischend brachial gehen dagegen die Kollegen der Nachbarabteilung (4) zu Werke: hintergründig humorvoll und doch brachial wird der Küchenbesucher hier auf die möglichen Folgen mangelnder Ordnungsliebe hingewiesen.

13 Oktober 2005

Die Tassen-Theorie, Teil 13: The sound of success.

Ich war schon darauf gefasst, wieder ganz von vorne anzufangen. Ehrlich gesagt, wäre ich nicht einmal besonders überrascht gewesen. Schliesslich war ich zweieinhalb Wochen weg und wie sagt man so schön? "Ein bisserl Schwund ist immer."

Tatsächlich erwartet mich ein ansehnliches Häuflein Geschirr auf der Küchenspüle. Aha.

Und dann höre ich es: so ein leises, beständiges Summen, akzentuiert von einem rhytmischen, weichen Plätschern. Kein Engleschor klingt in meinen Ohren so süss wie der geschäftige Gesang einer bescheiden vor sich hin spülenden Spülmaschine.

Habe ich je an meinen Probanden gezweifelt? Schamesrot und zutiefst gerührt ziehe ich mich an meinen Rechner zurück.

Ob es den Sound auch als Klingelton gibt?

Marzipankartoffel

So.

Da bin ich wieder, frisch aus dem spätsommerlichen Spanien heimgekehrt.

Und wo lande ich? Mitten in der Vorweihnachtszeit!
Untrügliches Anzeichen: die erste Marzipankartoffel.

Und wo finde ich die? Nicht etwa, wie all die Jahre, fein säuberlich in 500-Gramm-Dosen aufgestapelt auf einer abverkaufsstarken Zweitplatzierung im Mittelgang meines HL ...

Nein, in der S-Bahn. Und zwar auf dem Boden (siehe Bild).

Kann es irgendwas Traurigeres geben als diese kleine Köstlichkeit, so mit Füssen getreten? Dabei war ich fest entschlossen, dieses Jahr die November-Depression zu schwänzen und es bei bester Laune bis ins neue Jahr zu schaffen.

Pustekuchen. Entschuldigt mich kurz, ich muss mal eben zum HL.

22 September 2005

Die Tassen-Theorie, Teil 12: Selbst ist der Versuch

Deutschland ist desorientiert, auch vier Tage nach der Wahl. Und warum sollte es in unserer Teeküche anders sein? Der Macho-Trend ist abgeflaut, die meisten Probanden sind zu ihrem üblichen Trott zurückgekehrt.

Allerdings mit einer spürbaren Resignation:

Ein Kollege steht satte 10 Minuten in der Küche und starrt teilnahmslos auf den Kaffee-Automaten, unfähig, sich zwischen "Schwarz", "Milch" und "Zucker" zu entscheiden.
Schließlich lässt er seine Tasse stehen und trollt sich unverichteter Dinge. Im Türrahmen hält er noch einmal inne, blickt zurück zu seiner Tasse und murmelt dann halblaut: Ob ich die jetzt einräume oder nicht ... wen juckt's?


Kein Wunder. Schließlich sind wir alle seit Sonntag wieder um eine Illusion ärmer. Du dachtest, auf deine Stimme kommt es an? Willkommen in der Realität!

Solange dieses lähmende Machtvakuum anhält, werde ich meine Probanden jedenfalls mit weiteren Experimenten verschonen.

Stattdessen starte ich einen gewagten Selbstversuch: Ich entferne mich bewusst aus meinem Arbeitsbiotop, und zwar für gute zwei Wochen. Und wenn ich dann wiederkomme, schau'n wir mal, ob sich meine Weltsicht aufgehellt hat.

19 September 2005

Die Tassen-Theorie, Teil 11: Machismo rules!

Die grosse Politik hat nichts mit unserem täglichen Leben zu tun?! Von wegen!

Ich kann das Gegenteil beweisen: Solange die Chance bestand, dass dieses Land demnächst von einer gestrengen Protestantin regiert wird, kuschten alle und machten auf Hausmann. Unsere Teeküche war geradezu ein Hort der Reinlichkeit geworden.

Und dann, keine 24 Stunden nach dieser Boulevardkomödie von Bundestagswahl, muss ich mit ansehen, wie meine gelehrigen Probanden im Zeitraffertempo regredieren. Gerhard braucht bloss einmal in der Elefantenrunde die Sau rauszulassen, und schon vergessen meine Kollegen (und Kolleginnen!) kollektiv ihre Kinderstube. In der Teeküche sieht's jedenfalls wieder aus wie bei Schröders unterm Sofa (siehe Bild). Vielleicht ist am Top-Down Prinzip (s. Teil 10) ja doch was dran?

Ich fordere jedenfalls umgehend Neuwahlen!

16 September 2005

Die Tassen-Theorie, Teil 10: Bottom-Up

Ich hab' den Yeti gesehen.

Also, nicht wirklich DEN Yeti. Aber was genauso Unglaubliches. Ich komme gleich darauf zurück.

Im fünften Teil hatten wir gelernt, dass Wissen sich in Hierarchien prinzipiell nur von oben nach unten verbreitet. Jedenfalls in Affenhorden. Beim Menschen liegt die Sache angeblich weniger eindeutig, weshalb Management-Trainer zwei konkurrierende Prinzipien der Wissenweitergabe erfunden haben. Besser gesagt: sie haben für zwei ziemlich alte Hüte schöne neudeutsche Namen erfunden.

1. Das Top-Down-Prinzip, ursprünglich Hackordnung, preussische Disziplin, Befehlskette oder Order-de-Mufti: Der Chef sagt, wo's lang geht, alle anderen machen.

2. Das Bottom-Up-Prinzip, aka Ursuppe, aka Evolution, aka Commune, aka Grassroots: im allgemeinen Gewimmel ensteht viel Neues. Und wenn es was taugt, setzt es sich durch. Bis an die Spitze.

Ich gebe zu, ich war bisher eher skeptisch, was die Wirksamkeit des Prinzips Ursuppe in grösseren Unternehmen angeht. Aber ich wurde bekehrt. Ich habe heute morgen mein Damaskus erlebt.

Womit wir wieder beim Yeti wären. Der natürlich gar kein Yeti war, sondern ein CD. Für alle, die nicht in der Werbung arbeiten: das heisst Creative Director und bezeichnet einen Posten ziemlich nahe am oberen Ende der Nahrungskette.

Diese Führungskraft räumte ihr Kaffeegeschirr in die Spülmaschine. Tasse, Untertasse und Teller. Freiwillig.

Und darauf ist er mit Sicherheit nicht von alleine gekommen. Er muss es bei einem der rangniederen Probanden beobachtet haben (am Ende sogar bei der gelehrigen Praktikantin aus Teil 5).

Was für ein Triumph des Bottom-Up-Prinzips. Was für ein Hoffnungsschimmer für die Geknechteten aller Länder. Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit - wenigstens vor der Spülmaschine.

15 September 2005

Die Tassen-Theorie, Teil 9: Von Pavlov zu Maslow

Nach anfänglichem Spott (s. Teil 8) hat sich das neue Schild als echter Turbo-Motivator erwiesen. Und das fällt nicht nur mir auf. Ich protokolliere ein Teeküchengespräch (von vielen ähnlichen):

Mitarbeiterin 1 brüht sich einen Tee auf.
Mitarbeiterin 2 betritt die Küche.

Mitarbeiterin 2: Wow. Das is' ja so sauber hier.

Mitarbeiterin 1: Kannste mal sehen, was man mit der Androhung von schlechtem Sex alles erreichen kann.

Beide kichern. Und hinterlassen die Küche so tadellos, wie sie sie vorgefunden haben.


Ich klopfe mir innerlich heftig auf die Schulter und beginne, an Wunder zu glauben. Oder wenigstens an die moderne Verhaltensforschung.

Denn was meine Probanden nicht ahnen: Das Hinweisschild macht sich auf subtile Weise die Maslowsche Bedürfnispyramide zunutze. Welche besagt, dass zivilisatorisch hochwertige Bedürfnisse (wie Spülmaschineneinräumen) erst dann als dringlich empfunden werden, wenn kreatürliche Grundbedürfnisse (wie z.B. Sex) befriedigt sind.

Mit anderen Worten: meine Probanden interessieren sich nur dann für die Spülmaschine, wenn sie a) bereits Sex hatten oder b) sich vom Einräumen Sex erhoffen dürfen.

Nach der blitzblanken Küche zu urteilen, herrscht hier im Moment entweder eine allgemeine, tiefe Befriedigung. Oder eine ziemlich heftige Erwartungshaltung was das amouröse Potential der näheren Zukunft begrifft.

14 September 2005

Schwer hörig.

Die Geschmäcker sind verschieden, über Geschmack lässt sich streiten ... Sprichworte gibt's zu dem Thema viele. Nur nichts wirklich Hilfreiches.

Vor allem, wenn der einzige gemeinsame musikalische Nenner von drei Leuten das iTunes auf ihrem Rechner ist, und diese drei Leute sich ein Büro teilen. Wenn das so weitergeht, müssen wir demnächst irgendeinen Vermittlungsausschuss anrufen, damit er uns ein verbindliches Line-up fürs Büro macht.

Bis dahin: Herr, wirf Oropax vom Himmel.

Die Tassen-Theorie, Teil 8a: Peitsche


Vielleicht ist Lob doch die falsche Strategie?

Die Tassen-Theorie, Teil 8: Zuckerbrot

Schon später vormittag, und die Küche ist immer noch wie geleckt.

Ich finde, meine Probanden haben eine Belohnung verdient. Also spendiere ich ein neues Motivationsschild.

Leider ist meine Handykamera nicht die schärfste, deshalb hier der Text nochmal in lesbar:

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

zahlreichen Studien belegen: Ordentliche Menschen leben länger, haben mehr Spass und öfter besseren Sex.

Ihr seht, Spülmaschine einräumen lohnt sich.


Also wenn das nicht den endgültigen Durchbruch bringt, dann weiss ich auch nicht weiter.

12 September 2005

Die Tassen-Theorie, Teil 7: Brain Jogging

Fahrrad fahren verlernt man ja angeblich nicht mehr, wenn man's mal kann. Für Haushaltstätigkeiten scheint das nicht zu gelten.

Meine lieben Kollegen vergessen mühsam antrainierte Verhaltensweise jedenfalls mit atemberaubender Geschwindigkeit. Besonders am Wochenende. Und Montags sieht die Teeküche dann so aus, dass ich heute lieber kein Foto poste.

Also gebe ich wieder das gute Vorbild ab und räume die Maschine ein.

Prompt betritt eine Kollegin die Küche.

Aaaah, der perfekte Hausmann.
Aber guck mal, die Tasse musst du da oben rein tun, sonst klappert das.


Und weg ist sie.

Ich freue mich, dass wenigstens ein bisschen Theorie hängen geblieben ist.
Derart motiviert, traue ich mich sogar, die Maschine erstmals selbst laufen zu lassen, quasi als Selbsterfahrung für kommende Lektionen.

09 September 2005

Die Tassen-Theorie, Teil 6: Der Rückfall

Zwei Tage durfte ich mich im Glanz meines didaktischen Triumphes sonnen, dann war's wieder Essig, siehe Bild.

Mildernd sei angemerkt, dass sich dieser unappetitliche Haufen erst spät am Nachmittag angesammelt hat. Wahrscheinlich erstens, weil ich noch zu siegestrunken war, um rechtzeitig einzuschreiten. Und zweitens, weil die Spülmaschine voll war.

Meine lieben Probanden hätten die Maschine also nicht nur meisterhaft einräumen, sondern auch noch in Gang setzen müssen.

Ich wittere eine neue, ungleich grössere Herausforderung!

07 September 2005

Die Tassen-Theorie, Zwischenbilanz


Kurz vor Feierabend, und die Teeküche sieht aus wie geleckt.

Vor meinem inneren Auge sehe ich, wie Konrad Lorenz im Grab vor mir den Hut zieht.

06 September 2005

Die Tassen-Theorie, Teil 5: Erste Erfolge

Haltet euch fest: jemand hat die Spülmaschine eingeräumt! Freiwillig!
Doch, wirklich, ich habe es selbst gesehen! Jetzt muss sich das neu erlernte Verhalten nur noch in der lokalen Population verbreiten.

Dafür stehen die Chancen aber leider nicht gut. Denn das gelehrige Individuum ist Praktikantin - und die Weitergabe von Wissen erfolgt ja bekanntlich streng hierarchisch von oben nach unten. In gut erforschten Affengruppen ist das jedenfalls so.

Soll heißen: wenn man will, dass eine Affenhorde etwas lernt, muss man es dem Oberaffen beibringen. Denn nur Oberaffen-Verhalten wird von den rangniederen Mitgliedern der Gruppe als vorbildlich angesehen und kopiert.

So weit die Theorie. Wo kriege ich jetzt einen Vorstandsbeschluss für unseren Spülfrass her?

Die Tassen-Theorie, Teil 4: Mimikry

Eben ertappe ich einen Praktikanten mit seiner Schmuddeltasse.

- Wieso er die nicht in die Maschine räumt?!?
- Was für eine Maschine?

Ooops, daran hatte ich nicht gedacht: unsere Teeküche ist mit einer hochmodernen Designer-Spülmaschine ausgestattet. Kein Knopf, keine Leuchte aussen auf der Front. Ein wahres Küchengeräte-Chamäleon, für das ungeübte Auge nur schwer von den restlichen Küchenschränken zu unterscheiden.

Ich modifiziere den Versuchsaufbau erneut: Nach jedem Einräumen lasse ich die Klappe der Maschine einen Spalt weit offen, als Orientierungshilfe und Aufforderung zugleich.

P.S. Das ist, streng genommen, gar keine Mimikry, sondern Mimese.

05 September 2005

Die Tassen-Theorie, Teil 3: Vorsicht O-Saft!

Wer nicht arbeitet, soll sich wenigstens gut rausreden. Oder wenigstens besser, als es eine liebe Kollegin gerade versucht hat.

Szene: Tag, innen. Unsere Teeküche.

Die Spülmaschine ist weit geöffnet, schmutziges Geschirr ist sichtbar. Der Autor dieser Zeilen verstaut gerade eine letzte Tasse im oberen Spülkorb.
Auftritt: Eine Kollegin. Sie hat zwei benutzte Gläser in Händen.

Kollegin: Der Kaffee ist heute wieder sowas von mies.
Autor: mhm.

Sie stellt die beiden schmutzigen Gläser auf die Arbeitsfläche.

Kollegin: Ich lass die erst mal hier stehen. Da war Orangensaft drin. (geht hinaus)


Ist klar. Gläser, in denen Orangensaft war, lässt man stehen. Erstmal wenigstens. Hatt' ich ganz vergessen.

Ich sehe ein, dass noch ein weiter Weg vor uns liegt. Und räume die O-Saft-Gläser in die Spülmaschine.

02 September 2005

Die Tassen-Theorie, Teil 2

Habe gerade wieder die Spülmaschine eingeräumt, zum vierten Mal heute. Ist das jetzt Einbildung und Wunschdenken, oder werden die Stapel tatsächlich von Mal zu Mal etwas kleiner?

01 September 2005

Die Tassen-Theorie, Teil 1

Meine Arbeitskollegen ahnen nichts davon, aber ich betreibe seit einiger Zeit Verhaltensforschung, und zwar in unserer gemeinsamen Teeküche.

Ziel des Versuches: durch subtilen Einsatz moderner Kriminalpsychologie das Verhalten von mehr als 20 erwachsenen Personen nachhaltig zu verändern.

Vor Beginn des Experiments war offenbar niemand in der Lage, seine benutze Kaffeetasse in die bereitstehende Spülmaschine einzuräumen. Also stapelten sich spätestens am frühen Nachmittag massenweise schmierige Tassen in und neben der Spüle.

Versuch 1 bestand darin, zunächst rein verbal an die Einsicht der Probanden zu appelieren, mittels eines Hinweis-Schildes "Bitte stellt euer benutztes Geschirr in die Spülmaschine".

Das Ergebnis war ernüchternd: der tägliche Geschirrstapel blieb so hoch und eklig wie eh und je. Heute werde ich den Versuchsaufbau ändern, indem ich die Stapelbildung schon im Keim unterbinde. Dazu räume ich mehrmals täglich das herumstehende Geschirr in die Spülmaschine. Mal sehen, ob das mehr bringt.

31 August 2005

New Orleans

Das Wasser steigt noch, die Menschen hocken noch auf ihren Dächern, die Toten sind noch nicht gezählt, kein Mensch kann sagen, was von New Orleans und den anderen Orten im Hochwassergebiet übrig geblieben ist.

Während ich noch auf die hereinströmenden Nachrichten starre, nagt in meinem Hinterkopf schon die Frage, wie uns Hurrikan "Katrina" im Gedächtnis bleiben wird.

Als Naturkatastrophe, schrecklich - aber vom Menschen nicht beeinflussbar?
Oder als erste, noch vergleichsweise harmlose Erfüllung der vielen düsteren Vorhersagen, die seit Jahrzehnten vor Erderwärmung, Klimawandel, Treibhauseffekt und zunehmend erratischen, extremen Wetterphänomenen warnen?

Als das Land von Terroristen angegriffen wurde, hat die US-Regierung schnell und hart reagiert. Mit einer Hand voll Verbündeter (und gegen den Willen vieler Freunde) ist sie in den Krieg gegen den Terror gezogen. Man kann die Ziele und die Mittel der Amerikaner in Zweifel ziehen. Ihre Entschlossenheit steht außer Frage.

Wäre es nicht konsequent, jetzt den "Krieg gegen die Klimakatastrophe" auszurufen? Einen Krieg, bei dem man vom ersten Tag an die überwältigende Mehrheit der Weltgemeinschaft mit Herz und Seele auf seiner Seite hätte?

Die Opfer von New Orleans wären die ersten, denen so ein entschlossener Schritt helfen würde. Und sie wären bei weitem nicht die einzigen. Katastrophen kennen keine Grenzen; ihre Opfer verdienen Hilfe, egal wo und unter welcher Regierung sie leben.

Wenn sich das Wasser zurückzieht, wird man am Spülsaum von New Orleans vielleicht ein lange verschollenes Schriftstück wiederfinden: Das Kyoto-Protokoll.

Willkommen am Spülsaum

Gehörst du auch zu denen, die ihren Sonnenbrand immer zuerst im Nacken kriegen, weil sie, im Strandurlaub und anderswo, immer auf irgendeinen tollen Fund hoffen?
Ich halte das für ein gutes Zeichen. Suchen heißt hoffen.
Mein Lieblingsort zum Stöbern ist der Spülsaum eines beliebigen Meeres. Die Wiedervorlagemappe der See. Da, wo Muscheln, Bernstein, Plastikflaschen und Wale an- und wieder abgeschwemmt werden.
So soll es hier auch laufen: Interessantes Treibgut, ohne erkennbare Ordnung. Und wer weiss? Der eine oder andere Schatz?

Willkommen am Spülsaum, und glückliche Suche.